Borkwalde
Große Freude: Ukrainische Familie aus Borkwalde zieht bald um

Von Johanna Uminski, MAZ 08.10.2022

Aus einem Ferienbungalow geht es für Ruslan und Anna Sandler sowie die vier Kinder in eine Wohnung in der Schwedenhaussiedlung – Einheimische leisten Unterstützung

Borkwalde. Endlich in den eigenen vier Wänden wohnen – darauf freuen sich Anna und Ruslan Sandler sowie ihre vier Kinder sehr. Am 1. Dezember bezieht die ukrainische Familie eine Drei-Zimmer-Wohnung in Borkwalde. Die Vorfreude über die Veränderung ist bei den Ukrainern groß, sagt die vierfache Mutter. „Wir hatten keine Hoffnung mehr, eine Wohnung zu finden. In Deutschland gibt es eine Menge Papierkram, dessen Erledigung viel Zeit in Anspruch nimmt“, sagt die 35-Jährige.

Seit der Ankunft in Borkwalde im März dieses Jahres ist die Familie vorübergehend in einem Ferienbungalow in Borkwalde untergekommen, der aber nicht wintertauglich ist. Zuvor ist Anna Sandler kurzerhand mit ihren vier Kindern aus der südukrainischen Hafenstadt Odessa vor den russischen Angriffen geflohen. Über Polen führte der Fluchtweg von Berlin direkt nach Borkwalde.

„Die Tage im Bungalow waren wunderschön und ich bin mir sicher, dass diese unglaublichen Erinnerungen für immer bei uns bleiben werden“, sagt Anna Sandler. Als sehr gemütlich beschreibt die Familie die Gemeinde Borkwalde sowie die Umgebung, in der sie sich wie zu Hause fühlen.

„Das Wichtigste für unsere Familie ist die Sicherheit der Kinder – und die haben wir in Borkwalde. Wir sind den Einheimischen sehr dankbar für ihre Aufmerksamkeit und Freundlichkeit“, betont die ukrainische Familie, die nur einen noch größeren Wunsch hat: Das Ende des Krieges in ihrem Land.

„Das ist der Schmerz und Wunsch eines jeden Ukrainers. Ich bin mir sicher, dass unser Land nach dem Ende des Krieges sehr schnell aufblühen und ein Beispiel für viele Länder sein wird“, betont die vierfache Mutter. Besonders große Sorgen macht sich Anna Sandler um ihre Mutter, ihre Schwester sowie deren Mann, die in der Ukraine geblieben sind.

„Ihnen geht es gut. Trotz der endlosen Drohnenangriffe und des Beschusses der Luftwaffe sind sie sehr froh, dass die Kinder in Sicherheit sind. Meine Mutter hat ihre Immunität nach der Coronaerkrankung wiedererlangt und ist bereits zu Hause. Meine Schwester arbeitet hart, weil ihr Mann an der Front ist und sie das Familienunternehmen weiterführen muss. Sie ist nicht traurig – dafür ist keine Zeit“, erklärt die Ukrainerin.

Für die Zukunft wünschen sich Anna und Ruslan Sandler, dass ihre Heimat, die Soldaten und Gefangenen nicht mehr unter den russischen Aggressoren leiden müssen. „Unsere Soldaten verteidigen ihr Heimatland, und jeder würde es an unserer Stelle tun. Für meine Familie wünsche ich mir, dass unsere Kinder nicht durch den Krieg traumatisiert sind und eine gute Zukunft haben, egal wo sie sind“, sagt Anna Sandler.

Da der Winter bevorsteht, war es „höchste Eisenbahn“, dass die ukrainische Familie aus dem Ferienbungalow in eine eigene Wohnung zieht, sagt Egbert Eska, Borkwalder Bürgermeister, der sich maßgeblich dafür eingesetzt hat, dass die sechsköpfige Familie endlich umzieht. Lediglich eine Elektroheizung sorgt für Wärme im Bungalow, die aber aufgrund der dünnen Holzwände nur schwer annehmbare Temperaturen erreichen kann.

„Für die Familie wird es eine Umstellung sein, weil sie sich auf eine Drei-Zimmer-Wohnung ohne Garten reduzieren müssen. Aber sie sind über den Winter abgesichert und haben jetzt eine ordentliche Unterkunft. Das ist entscheidend“, betont der ehrenamtliche Ortschef, der erklärt, dass die erfolgreiche Unterzeichnung des Mietvertrages solange gedauert hat, weil wichtige Dokumente wie die Genehmigung des Jobcenters für die Kostenübernahme gefehlt haben. „Als die da waren, ging es jetzt ganz schnell“, freut sich Egbert Eska.

Über das Engagement und die Hilfe des Ortschefs freut sich auch der Borkwalder Gerhard Schubert, der die ukrainische Familie ebenfalls in den letzten Monaten unterstützt hat. „Ich zeige mich an dieser Stelle enttäuscht über unsere gewählten Vertreter der Gemeinde, von denen nichts an Hilfe, eben in Selbstinitiative kam. Einzig der Bürgermeister, Egbert Eska, fand den Weg zu uns, bot seine Hilfe an und hat sich auch in hervorragender Weise eingebracht. Als Vertreter der Interessengemeinschaft Tipidorf Borkwalde spreche ich ihm an dieser Stelle meine Hochachtung und meinen Dank aus und dies möchte die ukrainische Familie über mich auch tun“, sagt Gerhard Schubert.

Kaum ist die Tinte auf dem Mietvertrag getrocknet, geht es nun darum, der sechsköpfigen Familie den Start in der neuen Wohnung zu erleichtern. „Wir haben ja noch ein ganzes Stück vor uns und hoffen sehr, dass die Bereitschaft der Borkwalder, Borkheider und aller, die den Beitrag lesen werden, nicht nachgelassen hat. Praktisch fängt die Familie fast bei null an und für ihre neue Wohnung wird alles benötigt“, erklärt Gerhard Schubert.

Wer etwas spenden kann und möchte, ist gebeten sich an die Interessengemeinschaft „Tipidorf“ unter der E-Mail-Adresse tipikult@ online.de zu wenden, die die Koordination der Hilfe organisiert, so der Borkwalder. „Die ukrainische Familie ist beeindruckt, dass sie von den sozialen Leistungen jetzt profitieren können, möchten das aber nicht auf Dauer und nicht, ohne zumindest einen Teil zurückzugeben“, sagt Schubert. Sie möchten ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen für die vielfältige Hilfe, die ihnen in den vergangenen Monaten zuteil wurde. „Ihr Wunsch wäre es, so schnell wie möglich, mit der für sie schwierigen deutschen Sprache zurechtzukommen, arbeiten gehen zu dürfen und zu können und auf diese Art etwas der Gesellschaft zurückzugeben“, so Schubert.

Der Artikel von Johanna Uminski erschien am 08.10.2022 im Fläming Echo/MAZ (rechts beigefügter Artikel als PDF).

Mit freundlicher Genehmigung von Johanna Uminski, dürfen wir ihren Artikel auf unserer Webseite veröffentlichen. Vielen Dank dafür.

Beitragsbild/Foto: Johanna Uminski

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